Unter dem Motto "Einfach singen!" stand der Gottesdienst am 23. Juni in der Nathan-Söderblom-Kirche in Reinbek. Zusammen mit der Kantorei Reinbek hat die Gemeinde moderne Kanons und Circle-Songs zu Liedern aus dem Evangelischen Gesangbuch gesungen.
Die Entwicklung des Evangelischen Gesangbuchs begann in der Reformationszeit, als eine große Singbewegung ihren Lauf nahm. Im Jahre 1524 erschien das erste Gesangbuch überhaupt - das sogenannte "Achtliederbuch", in dem unter anderem auch vier Gesänge Martin Luthers enthalten waren. Heute, im Jahr 2024, wenn wir unser rotes Gesangbuch in der Hand halten, blicken wir auf 500 Jahre Geschichte zurück: Musik und Texte aus fünf Jahrhunderten, Glaubenszeugnisse verschiedenster Lieddichter- und komponisten und deren Gottesbilder - ein wertvolles Erbe, das uns da geschenkt ist. Und gleichzeitig werden wir oft mit Texten oder Melodien konfrontiert, die uns fremd erscheinen, weil wir sie nicht (mehr) kennen. Und doch haben diese Lieder einen unbeschreiblichen Wert, der sie in gewisser Weise zeitlos macht.
Da ist zum Beispiel dieses wundervolle Abendmahlslied "Schmücke dich, o liebe Seele" (Nummer 218):
1. Schmücke dich, o liebe Seele,
lass die dunkle Sündenhöhle,
komm ans helle Licht gegangen,
fange herrlich an zu prangen!
Denn der Herr voll Heil und Gnaden
will dich jetzt zu Gaste laden;
der den Himmel kann verwalten,
will jetzt Herberg in dir halten.
2. Ach wie hungert mein Gemüte,
Menschenfreund, nach deiner Güte;
ach wie pfleg ich oft mit Tränen
mich nach deiner Kost zu sehnen;
ach wie pfleget mich zu dürsten
nach dem Trank des Lebensfürsten,
dass in diesem Brot und Weine
Christus sich mit mir vereine.
3. Heilge Freude, tiefes Bangen,
nimmt mein Herze jetzt gefangen.
Das Geheimnis dieser Speise
und die unerforschte Weise
machet, dass ich früh vermerke,
Herr, die Größe deiner Werke.
Ist auch wohl ein Mensch zu finden,
der dein Allmacht sollt ergründen?
4. Nein, Vernunft, die muss hier weichen,
kann dies Wunder nicht erreichen,
dass dies Brot nie wird verzehret,
ob es gleich viel Tausend nähret,
und dass mit dem Saft der Reben
uns wird Christi Blut gegeben.
Gottes Geist nur kann uns leiten,
dies Geheimnis recht zu deuten!
5. Jesu, meine Lebenssonne,
Jesu, meine Freud und Wonne,
Jesu, du mein ganz Beginnen,
Lebensquell und LIcht der Sinnen:
hier fall ich zu deinen Füßen;
lass mich würdiglich genießen
diese deine Himmelsspeise
mir zum Heil und dir zum Preise.
6. Jesu, wahres Brot des Lebens,
hilf, dass ich doch nicht vergebens
oder mir vielleicht zum Schaden
sei zu deinem Tisch geladen.
Lass mich durch dies heilge Essen
deine Liebe recht ermessen,
dass ich auch, wie jetzt auf Erden,
mög dein Gast im Himmel werden.
(Text: Johann Franck (1646/1649/1653)
Für mich ist dieser Choral eine Entdeckung und seitdem eine Kraftquelle, als ich ihn im Zuge der Beschäftigung mit einer Kantate von Johann Sebastian Bach gelesen habe.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne drei Werke der Kirchenmusik ans Herz legen, die sich genau damit beschäftigen:
Das ist zum einen besagte Bach-Kantate: https://www.youtube.com/watch?v=2_wiIaB2VCA
Die Choralbearbeitung für Orgel aus den sogenannten 18 Leipziger Chorälen, ebenfalls von Bach: https://www.youtube.com/watch?v=qgpagrvUniY
Und auch Johannes Brahms (1833-1897) hat in seinen wenigen Orgelwerken auch diesen Choral verarbeitet: https://www.youtube.com/watch?v=56cb1d7qSgM
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Anhören dieser wunderschönen Musik!
Möglicherweise haben Sie auch einen solchen Choral aus dem Gesangbuch?
Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir doch gerne eine E-Mail an
Benedikt Woll (Kantor & Organist)